Piechotta (Grüne) Zu ABDA-Forderungen: „Wunschliste An Den Weihnachtsmann“

Mit ihrem zehn Punkte umfassenden Forderungskatalog rennt die ABDA nicht überall offene Türen ein. Das wurde bei der gesundheitspolitischen Diskussion beim DAV-Wirtschaftsforum deutlich. Ablehnend äußerte sich vor allem die Berichterstatterin für Apothekenthemen der Grünen, Paula Piechotta. Oppositionspolitiker Tino Sorge (CDU) machte den Apothekerinnen und Apothekern dennoch Mut, dranzubleiben und den Druck weiter zu erhöhen. „So funktioniert Politik!“

Die Apothekerschaft hat mit der Politik derzeit mehr als nur ein Hühnchen zu rupfen. Dass ihr Honorar seit zehn Jahren stagniert, macht ihr schwer zu schaffen – dennoch fand sie die Kraft, in der Pandemie jede Aufgabe zu bewältigen, die an sie herangetragen wurde, zumeist unter hohem persönlichem Einsatz. Zum Dank kürzte Berlin den Apothekerinnen und Apothekern das Honorar durch eine Erhöhung des Kassenabschlags – das Fass zum Überlaufen brachte dann die überaus mickrige Aufwandsentschädigung in Höhe von 50 Cent, die sie laut Entwurf des Lieferengpass-Gesetzes künftig für das Lieferengpass-Management erhalten sollen. Die Antwort der ABDA war ein zehn Punkte umfassender Forderungskatalog an die Politik, den der Gesamtvorstand Ende Februar beschloss.

Beim DAV-Wirtschaftsforum konfrontierten der kommissarische DAV-Chef Hans-Peter Hubmann und BAK-Präsident Thomas Benkert Vertreter:innen der Ampel-Koalition und der Oppositionsfraktionen im Bundestag mit den Anliegen der Apothekerschaft. Im Vordergrund stand dabei unter anderem die Forderung, das Fixum von derzeit 8,35 Euro auf 12 Euro anzuheben. Wenig begeistert äußerte sich Paula Piechotta, die sich für die Grünen um die Apothekenthemen kümmert. Der Katalog lese sich wie „eine Wunschliste an den Weihnachtsmann“. Weder berücksichtige die ABDA die starke Spreizung im Markt, noch mache sie Vorschläge zur Gegenfinanzierung.

Politik Vs. Forderungskatalog – Was Ist Drin Für Die Apotheken?

Hubmann entgegnete, alle zehn Punkte seien „wohlbegründet“: Viele der enthaltenen Forderungen bringe die Apothekerschaft bereits seit vielen Jahren vor, etwa klare Grenzen für Nullretaxationen und die Abschaffung der Präqualifizierung. In Berlin habe man dem Berufsstand jedoch nicht zugehört, sodass man sich nun veranlasst sah, die Anliegen „in geballter Form auf den Tisch zu bringen“. Benkert pflichtete ihm bei. In der Pandemie hätten die Apotheken bewiesen, wie wichtig sie für die Versorgung der Menschen in Deutschland sind. Die Politik müsse angesichts der brenzligen Lage vieler Betriebe jetzt reagieren und dafür sorgen, das System der wohnortnahen Arzneimittelversorgung zu erhalten. „Sie müssen etwas tun!“, appellierte er an die anwesenden Abgeordneten.

Der FDP-Abgeordnete Andrew Ullmann sieht bei der Ressourcenallokation im Gesundheitswesen grundsätzlich Handlungsbedarf. „Teurer kann das System nicht mehr werden“, glaubt er. Es gelte nun nicht mehr Flickschusterei zu betreiben, sondern Effizienz und Qualität zu steigern bei gleichzeitigem Abbau von Fehlanreizen und Überversorgung. Auch was das apothekerliche Berufsbild betrifft, sei Weiterentwicklung dringend nötig. In diesem Zusammenhang hob er auch die pharmazeutischen Dienstleistungen hervor, die Apotheken seit Juni 2022 Versicherten anbieten dürfen. Zudem müsse sich die Politik fragen, wie man den Apotheken die Arbeit erleichtern kann. Ullmann verwies diesbezüglich auf eine acht Seiten umfassende Liste, in der die erste Vorsitzende der Freien Apothekerschaft, Daniela Hänel, stichwortartig bürokratische Belastungen im Apothekenalltag für ihn zusammengefasst hat. Diese Aufstellung hat bei ihm offensichtlich Eindruck hinterlassen.

Was Versteht Die ABDA Unter Dem „Sachlich Gebotenen Maß“ Bei Retaxationen?

Die Linken-Abgeordnete Kathrin Vogler gab zu bedenken, dass Effizienzsteigerung immer auch Investitionen bedeute. Ullmanns FDP-Parteikollege, Bundesfinanzminister Christian Lindner, habe jedoch bereits klargestellt, keine weiteren Steuergelder dafür bereitstellen zu wollen – das könne nicht aufgehen, meint Vogler. „Das ist eine Milchmädchenrechnung.“ Mit Blick auf die Apotheken betonte sie, die Leistungen der Teams, vor allem im persönlichen Kontakt mit den Menschen, sei „durch nichts zu ersetzen“. Aus ihrer Sicht sei es daher an der Zeit, das Vorhalten von Strukturen im Apothekenhonorar besser abzubilden als bisher.

Der SPD-Apothekenexperte Dirk Heidenblut bekräftigte sein Vorhaben, zumindest in Sachen Nullretax aktiv werden zu wollen – idealerweise noch im parlamentarischen Verfahren zum Lieferengpass-Gesetz. „Das kann man niemandem erklären“, sagte er. Auch juristisch sei das Konstrukt „merkwürdig“. Zudem zeigte er sich offen, an der Apothekenvergütung zu drehen, stellte aber auch klar: „Eine lineare Honorarerhöhung wird nicht reichen. Wir müssen auch über Strukturen sprechen.“ Dass er sich durchaus einen neuen Verteilungsmechanismus vorstellen kann, hatte er zuletzt bei der INTERPHARM online in einer Gesprächsrunde deutlich gemacht.

Welche Apotheke Ist Versorgungsrelevant?

Diesen Gedankengang hält Hubmann für verfehlt. Es brauche eine deutliche Anhebung des Fixums, denn dieses sei als Grundsicherung für die Apotheken angelegt und solle alle Fixkosten abdecken, erinnerte er. Bei einer möglichen Verteilungsdebatte werde sich zudem eine Frage stellen, die kaum zu beantworten sei: „Welche Apotheken sind versorgungsrelevant und welche nicht?“ Es werde sich kein zuverlässiges Merkmal finden lassen, an dem man eine Staffelung der Honorare festmachen könne. „Diese Diskussion ist vorgeschoben, weil man nicht bereit ist, unser Honorar zu erhöhen.“

Auch wenn die Diskussion zeigt, dass die Apothekerschaft hart für eine Vergütungsanpassung kämpfen müssen wird: Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge machte dem Berufsstand Mut, sich nicht so leicht abspeisen zu lassen. „Bleiben Sie dran“, riet er der ABDA. „So funktioniert Politik!“ Die Forderungen seien legitim und der Ansatz völlig nachvollziehbar. Ob es am Ende tatsächlich auf das avisierte 12-Euro-Fixum hinauslaufen werde, müsse man allerdings sehen.

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